Aufnahme
vom 11.8.1944: Der Originalstandort am Kai. Der Unterstand steht
45 Grad schräg zum Ufer (nur circa 5 Meter von der Kaimauer
entfernt), um in ihm den gesamten Hafenbereich optimal einsehen
zu können...
Der Splitterschutzunterstand
wurde in Folge der Demilitarisierungsmaßnahmen Ende der 1940er
Jahre am Uferbereich versenkt...
Trotz der Versenkung
am Ufer ragte der Dachbereich des Unterstandes auch im Jahr 1955
noch aus dem Wasser heraus, bevor er in den späteren Jahrzehnten
gänzlich unter die Wassergleiche absackte...
So lautete unser Ursprungstext:
Transportabler
Splitterschutzunterstand Alaska-Kai Ost, Wilhelmshaven
Das Objekt wurde nach
unserer Auffassung 1941 auf dem Gebiet der Kriegsmarinewerft Wilhelmshaven
als transportabler Splitterschutzunterstand, Beobachtungsstand,
Brandwache gefertigt. Wir konnten diesen Unterstand in seiner Form
bisher nur in Wilhelmshaven nachweisen. Daher gehen wir davon aus,
dass er hier als Prototypserie gefertigt wurde. Bislang konnten
wir außer dem Objekt, welches hier beschrieben wird, lediglich
zwei weitere Bauwerke dieser Art in WHV nachweisen. Einmal auf dem
Bauwerftgelände Süd, Mitte, unmittelbar südlich des
runden LS-Turmes. Einmal an der Banter Ruine am ehemaligen Tirpitzhafen,
heute Banter See - unmittelbar südlich des dort heute noch
existenten Truppenmannschaftsbunkers 750. Beide Objekte wurden in
den ersten Nachkriegsjahren beseitigt. Insgesamt gehen wir von mindestens
10 ursprünglich produzierten Bauwerken dieser Art aus. Weitere
ehemalige Standorte auszumachen, stellt sich als sehr schwer dar.
Die Aktenlage gibt nichts über diese Anlagen her, Bildmaterial
ist dürftig. Der Splitterschutzunterstand wurde speziell als
Schutzraum für die Werftarbeiter und einfachen Soldaten der
Kriegsmarinewerft gefertigt.
Insgesamt konnten bequem
fünf Personen den Unterstand betreten. Er wird teilweise auch
als Brandwache gedient haben. Durchaus könnte eine Telefonverbindung
im Unterstand existiert haben. Auf dem Boden befindet sich noch
immer ein kleineres Kabelfragment, welches durch den Boden nach
außen geführt haben kann. Auch eine Art Miniheizung wird
vorhanden gewesen sein. Ein eventuell diesbezügliches Stahlrohr
wurde im Unterstand aufgefunden. Der Unterstand ist aus einem Stahlbewehrungskäfig
mit integrierter Stahlträgerbodenplatte und zwei auf dem Dach
befindlichen Transporthaken gefertigt. Der Innenraum war ganzflächig
mit einer Stahlhülle umschlossen. Vier nach innen sich verjüngende
Sichtscharten, sowie eine Halbbogentür befinden sich im Unterstand.
Die Tür war mit einer Stahltür von innen zu verschließen.
Ein stählerner Riegel wurde wahrscheinlich mit der Tür
und einem Gegenstück am Unterstand festgeklemmt und so die
Tür gesichert. Der circa 1 Meter lange Riegel konnte von uns
im Inneren des Unterstandes erfolgreich geborgen werden. Die vier
Sichtscharten waren ebenfalls mit über diese schiebbaren Stahlluken
zu verschließen. Die Stahlluken wurden von Riegeln an der
Innenwand des Unterstandes gehalten. Eine dieser Luken befindet
sich noch heute im Unterstand in Originalposition. Auch Teile eines
Riegels sind noch vorhanden. Der Unterstand wiegt exakt 20 Tonnen.
Breite 2,80 Meter, Höhe 2,60 Meter, Tiefe 2,30 Meter, 30 Zentimeter
dicke Stahlbetonwände und Decke. Der Metallträgerboden
ist lediglich 10 Zentimeter stark.
Wir vermuten, dass
der Splitterschutzunterstand zusammen mit den Splitterschutzzellen
*, welche meist auf der Bauwerft standen,
aus einer Produktionsserie stammt. Die Form der Türen ist identisch.
Auch wird der Unterstand ursprünglich eine Hervorhebung des
Metallkäfigs für die Stahltür gehabt haben. Diese
Hervorhebung wurde mit der Tür nachträglich beim Herausschweissen
einiger Stahlkäfigbereiche entfernt. Es könnte auch sein,
dass Stahlblenden im Verbund mit dem Käfig, wie bei den Splitterschutzzellen,
im Sichtschartenbereich vorhanden waren.
*
Auch in der "Festung / Fort Grauerort" / Abbenfleth (heute
Militärmuseum) an der Elbe befinden sich zwei Splitterschutzzellen
der hauptsächlich auf der Bauwerft der ehemaligen Kriegsmarinewerft
Wilhelmshaven weit verbreitet errichteten, uns noch nicht näher
bekannten Bauart (die Zellen wurden in Wilhelmshaven auf der Werft
produziert, wurden diese Zellen dann nach Grauerort "exportiert"?).
Auf dem Gelände der Festung wurden sie mehrfach umgesetzt und
stehen nun frisch gestrichen (Stand 2016) nebeneinander beim alten
Lokschuppen. Das Bild (Danke an Peter dafür) ähnelt
frappierend denjenigen Eindrücken mit solchen Zellen von der
Bauwerft WHV bis 1945. Was für eine Bauart war das? Typ? Kennummer
etc.?
Stand 2023:
Die Zellen in Grauerort
werden definitiv aus Wilhelmshaven dorthin "exportiert"
worden sein.
Wie sich nun erwiesen
hat, wurden diese Zellen, welche in Wilhelmshaven massenhaft hergestellt
worden sein müssen, nicht nur ins umliegende Inland (Festung
Grauerort) "exportiert", sondern auch ins besetzte Ausland.
In Frankreich (!) bei Boulogne-sur-Mer direkt am Strand in Höhe
Le Portel beim Fort Mont de Couppes (ebenfalls eine Festung...)
lag zumindest bis etwa 1990 eine dieser Splitterschutzzellen im
umgekippten Zustand. Sie dürfte über die Klippen vom Fort
hier hin heruntergestoßen worden sein.
Grauerort
Le Portel
/ Frankreich
Wilhelmshaven:
Diese Splitterschutzzellenbauart wird aus der gleichen Produktionsserie
wie die Splitterschutzunterstände stammen...
Der Splitterschutzunterstand
am Alaska-Kai Ost, damit der dritte nachgewiesene seiner Art, hat
seinen Ursprungsstandort in Kriegszeiten am Ufer des Kais in Nähe
zur ehemaligen "Graf-Spee-Kaserne" gehabt. Unserer Vermutung
nach wurden die Unterstände und auch Splitterschutzzellen nicht
selten vom Wilhelmshavener Schwimmkran „Langer Heinrich“
bewegt und zu den Standorten in Ufernähe gehoben.
Der Splitterschutzunterstand muss bald nach Kriegsende (wir meinen:
1948) während der Demilitarisierungsmaßnahmen der Engländer
am Ufer des Alaska-Kais versenkt worden sein. Vielleicht hatte man
keinen Ehrgeiz, ihn zu sprengen und wollte ihn so unbrauchbar machen.
Anfangs, nachgewiesen bis in die 1950er Jahre, ragte der Unterstand
mit seinem Dach noch geneigt aus dem Wasser, bevor er unter die
Wassergleiche absackte und in den nachfolgenden Jahrzehnten sogar
zu einem Drittel in den Grundschlick eindrang.
Schrottaucher müssen den Unterstand nach dem Krieg mit einem
Greifer oder ähnlichem beschädigt haben, davon zeugen
noch heute Jahrzehnte alte Furchen im Unterstand. Die Hälfte
der Metallinnenhülle fehlt. Sie wurde vor Jahrzehnten ausgetrennt.
Im Krieg? Sofort nach dem Krieg? Jahre später unter Wasser?
Man weiß es nicht. Klinkerfragmente finden sich an der Außenhaut
des Unterstandes. War im Krieg ein Klinkergebäude direkt an
ihn herangebaut worden?
Im Mai 2005 wurde der
vergessene Unterstand durch Zufall in Folge von Bauarbeiten am ehemaligen
Alaska-Kai durch die Firma Rova-Hafenumschlag aufgrund ihrer Bohr-
und Baggerarbeiten für die neue Spundwand entdeckt und geborgen.
Er wurde durch einen Schwimmkran an fast die gleiche Stelle an Land
gehoben, wo er früher ursprünglich schon stand. Der gesamte
Unterstand war mit Seepocken versehen. Innen waren vier Kubikmeter
Jahrzehnte alter schwarzer Seeschlick vorhanden.
Der Rest der Geschichte ist bekannt. Zwecks Erhaltung in historischer
Hinsicht wurde der Unterstand am 29.08.05 zum Minsener Oog 1A umgebettet.
Vorher mussten vier Kubikmeter Schlick hinausgeschaufelt werden,
eine alte „Florida-Boy“-Flasche, sowie "Becks Bier"
aus den 1950ern gefunden werden (wahrscheinlich in Sommern dieses
Jahrzehntes, bevor der Unterstand unter Wassergleiche sackte, von
Badegästen am Ufer hinein geschmissen). Einige Hürden
und bange Momente mussten genommen werden, doch letztlich wurde
das Ziel erreicht. Die Geschichte dieses Unterstandes ist eine wechselvolle.
Er bewahrte Leben im Zweiten Weltkrieg. Das darf nicht vergessen
werden. Deshalb ist es schön, dieses Bauwerk für kommende
Generationen als Mahnung und Informationsquelle gerettet zu haben.
Einige Thesen und Informationen
mussten jedoch später korrigiert werden:
Neue Erkenntnisse /
Stand Juni 2011:
-
Ein vierter Unterstand dieser Art wurde nachgewiesen. Er befand
sich an der Zuwegung der Hafeninsel und wurde zwischen 1950 und
1951 beseitigt.
Neue Erkenntnisse über
den Unterstand Alaska / Stand Juli 2006:
-
Es gab keine Miniheizung, das aufgefundene Rohr hat einen undefinierbaren
Zweck, es wird vielleicht gar nicht zum Unterstand gehört haben.
-
Es gab keine Telefonleitung in dem Sinne, dass sich der Anschluss
an der Bodenplatte befand. Die aufgefundenen Kabel stehen in keinem
Verbund zum Unterstand, gehören vielleicht nicht einmal dazu.
-
Die Sichtscharten wurden nicht mit Stahlplatten von innen verschlossen.
Die aufgefundene Platte "klebte" nur zufällig aufgrund
der Lage des Unterstandes im Hafen mit Seeschlick an der Bunkerwand
schräg vor der Sichtscharte. Die Platte ist ein Fragment des
teilweise herausgetrennten Metallkäfigs.
-
Der von uns im Unterstand aufgefundene Stahlriegel gehört nicht
zum Türbereich (Verschlussriegel), eventuell gehört er
nicht einmal zum Unterstand.
-
Die Tür war sehr wahrscheinlich bauartgleich mit denen der
Bauwerft-Splitterschutzzellen, welche wohl aus einer Produktionsserie
mit dem Unterstand stammen. Die Tür wird aus Stahl gewesen
sein und ihre Scharniere im Stahlkäfigbereich, welcher im Türöffnungsbereich
einige Zentimeter aus dem Bunker herausragte, gehabt haben. Diese
Teile des Käfigs fehlen zusammen mit der Tür selbst.
-
Alle vier Sichtscharten werden wohl über Stahleinfassungen
verfügt haben, welche in Verbund mit dem Stahlkäfig lagen.
Erst hierdurch wäre ein sinnvoller schmaler Sehschlitz möglich
gewesen. Das Erscheinungsbild der heutigen inneren Sehöffnungen
ohne Stahleinfassungen der Scharten ist viel zu hoch und breit.
Zusammen mit dem kompletten Stahlkäfig, der Tür und den
Einfassungen wird der Unterstand circa 22 Tonnen gewogen haben.
-
Die drei großen Schürfnarben an einer der Unterstandwände
werden von der Ramme stammen, welche am Alaska-Kai Pfähle für
die neue Spundwand setzte. Durch diesen Kontakt mit dem Bunker wurde
er über die Ramme sozusagen entdeckt. Die kleineren Narben
an den Oberkanten von Scharte 1 und 3 werden durch Ketten stammen,
welche durch die Scharten durch den Unterstand gelegt wurden und
an denen er schließlich aus dem Wasser gezogen worden sein
wird.
-
Es war kein Klinkergebäude im Krieg an den Unterstand angebaut
worden. Der Unterstand war freistehend.